Bjarkes Werben

Text: Rannveig

Dem finsteren Frost     Fenrirs zu trotzen
Sammelt die Sippe     Der Sohn des Beglir
"Willkommen dem Weib     Von Walvaters Gast."
Grüßt großzügig Svanja     Die großen Männer:

Hallbjörn am Hornberg     Hersir des Stieres
Der wütende Wolf
Einherjer der Worte     Erik, der Gode
Spricht Recht und Rat

Konstantin, der Kühne,     Kaltherziger Rus
Der Herr der Hunde
Und all die anderen     Aus ihren Sippen
Mannhafte Männer

So saufen sie     Süffigen Met
So singen sie     Süße Lieder
So sehen sie     Den Sohn Björmunds
Da schweigen sie     Als stolz er ruft:

"Mindren Männern     Mag ein anderer
folgen, ich folgte     Ein volles Jahr
Hersir Hallbjörn     Dem Hvitvarg treu.

Hersir Hallbjörn     Höre mich an.
Des Weißen Wolfs     Wilde Taten
Wagen-Tyr gleich     Waren sie stets.

So könnt ich stolz     Stets dir folgen
Doch band mich bald     Der Bund zu fest."
Es bittet Bjarke     Den Bund zu lösen.

Betrübt entbindet     Den Bjarke Hallbjörn.
Froh danken manche     Doch still den Nornen
Andre ahnen schon     Ahnungsvoll Unheil.

Denn Weise wissen     Von weißen Händen,
Die gutes Geschick     Und grausame Not
Mit Garn und Gleichmut     Geduldig weben.

Schnell sind Schiffe     Schlagen Ruder gleich
Fässer verderben     Fault nur eine Daube

Stolze Sippen     Sind stark und mächtig
Wie Eiche und Esche     Erhaben und schön

Und doch genügt dies:     Nur diesiger Hauch
Von Mädchen-Mündern
Die stärkste Sippe     Wird Schilf im Wind
Wenn Skuld es sagt.

Wie webt Verdandi     Wirbelnde Muster?
Fäden flicht sie     Zu flinken Knoten
Knoten knüpft sie     Zu kostbarem Tuch

Kein Kundiger     Kennt das ganze Tuch
Doch Dinge weiß ich     Disengeflüster
Von einem Knoten     Alle Fäden

Zwischenrede...

1: Hvitvargs Huskarl,     Hochgewachsen
Ist Sven Langbart,     Sohn des Ranulf
Ruhmreicher Recken Ruf
Eilt eilig ihm voraus

Ihn umgarnt Bjarke     Und unter Zeugen
Hört die Holm     Den Heiligen Eid
Klingen nicht zu kreuzen
Mit Bjarke, dem Bastard.

2: Für Rechtlichen Rat     Ruft Bjarke den Goden
Wispert weibisch     Was er plant
Schönhaar rät
Schönhaar schweigt

3: Knechte dingt der Kerl     Die keiner rühmte
Die treue Magd Hlif     Den treulosen Bruder
Lange Lütte Leifur
Eide schwören alle

4: Der Lextaländer     Verlangte schon bald
Vom Hersir der Holm     Einen Hof für sich
Geduldig gelingt es
Eine Grube gräbt er

5: Messer und Muskeln     Münder und Schweigen
Der Rotte der Rus     Räudiger Hunde
Bezahlt der Bastard
Von Geliehenem Lohn

6: Der Frost war finster     Verwelkt alles Grün
Doch Zeichen der Gunst     Gnas großer Herrin,
Blumen fand er
Blumen band er

Nun kennt ihr Kunde     Von kühnen Ränken
Für wen wob Bjarke     Werkzeug der Nornen
Die feinen Fäden     Verborgener List
Mit Tücke und Arg,     Tollkühnheit und Mut?

Wie Wind und Welle     Der Wintersee
Ist Hallgerds Tochter     Herrin Swanheims
Schmerzlich schön     Stolz und erhaben
Unbarmherzig     Und unselig kalt

Bjarke Besitzlos,     Bastard ohne Ruhm
Will, was alle wollen
Bjarke Besitzlos,     Bastard ohne Ruf
Heischt Herrlichkeit und Heil

Heischt Heirat mit     Der Holm reichsten Frau
Hjassirs Mündel     Hildolfrs Witwe
Hallbjörns Regin     Hallgerds Tochter
Svanja die Schöne     Sängerbesungen

Bjarke Ränkeschmied,     Rastlos sehnt er
Reichtum und Ruhm
Bjarke Ränkeschmied,     Ruhelos plant er
Viel will er wagen

Zwischenrede....

"Das Vieh stirbt,     Die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch Eines weiß ich,     Das immer bleibt:
Toter Taten Ruhm."

Zwischenrede....

In Hallbjörns Halle     Am Hornberg sitzen
Die großen Gäste.     Gemeinsam beim Fest
Da steht in der Stube     Der schüchterne Leifur
An Bjarke gebunden     Mit bindendem Eid

"Svanja Svanhals.     Sieben Schritte
Vor das Haus.     Folge mir
Ich künde Kunde     Die kein anderer
Hören soll.     Hören darf.

Am Fuß des Berges     Für dich wartet
Ein lang vermisster     Verlorener Mann
Dein Mann, dein Gatte.     Der dich ersehnt.
Dein Mann, dein Gatte.     Der dich ruft.

Komm zur Kreuzung     Des krummen Weges
Zur Mittagszeit     Doch merke dir
Nichts weiter wissen     Soll Hvitvarg davon
Die Wut des Wolfes     Wollen wir meiden."

Erbebend erbleicht     Erschrocken Svanja
Sie hebt die Hand.     Sie hebt die Stirn:
"Mein Mann ist tot     Gemordet schon lang
Schickt dich ein Toter?     Schickt dich ein Geist?"

"Sei unbesorgt".     Versichert Leifur
"Kein Seidr, kein Geist.     Sandt' mich zu dir.
Dein Mann, er lebt     Den Leichnam hast du
Nie gefunden.     Nie bestattet."

Hart ist der Blick     Von Hallgerds Tochter
Warum nur weint das     Weib nicht vor Freude?
Manche munkeln     Von Mord vor Jahren
Von Giftiger Gabe     Gedungenen Mördern

Doch wahr ist dies     Was ich euch singe
Unbescholten     Und ohne Arg
Argwöhnt sie schon     Ahnungsvoll Unheil
Kommende Klage     Bekümmert ihr Herz

Svanja sucht Hilfe     Sie sucht den Goden
Ruft Reikes Sohn     Um Ratschluss an.
Schönhaar lauscht
Schönhaar schweigt

Dann raunt Reiks Sohn     Rätsel ihr zu
„Ein Band bindet     Mit bindendem Eid
meine zögernde Zunge.
Ruhelos fragst du     Rat habe ich nicht
Var weiß warum.

Doch höre, Herrin,     Holde Svanja
Gunnlöds Gesang     Geschichten weiß ich
Sagas wollt ich     Dir singen schon lang.

So singt aus den Sagas     Der Sohn des Reik
Ich kenne keinen     Klügeren Mann
Als den, der weiß,     Wie Skaldenmet rauscht
Und weise trunken     Wissen erlangt

"Svanja Hochmut,     Höre von Gudrun.
Svanja Weißhand,     Wisse von Unnr.
Svanja Bluthand,     Bedenke Hallgerd

Lerne aus Liedern,     Lehrreich und weise,
Wie freie Frauen,     Voll Klugheit und Mut
Ehre und Erbe,     Und Eheende
Lenken und leiten     Und Lachen zuletzt."

Finstere Finnin     Fjölkynngi kundig
Schneidet in Stäbe     Schicksal und Wyrd
Akka Aila     Eriks Weib
Tritt sacht zu Svanja     Sorge im Blick

"In dunkler Nacht     Mit dunklen Gedanken
Saß ich, sorgte mich,     Sang alte Lieder.
Zwiesprache hielt ich,     Zauber tat ich.

Hoffnung halt ich     Hier in der Hand.
Ein hartes Pfand     Für Hallgerds Tochter
Nutze es nicht.     Nutze es weise.

Nutze es nur.     In Not und Arg
Ein Bär wird bluten     Bald grausig verenden
Brichst du das Pfand     Bricht all sein heil."

Hallgerds Tochter     Hebt es den Mut
Das Pfand in der Faust     Fühlt sie Stärke.
Zur kalten Kreuzung     Des krummen Weges
Will sie sich wenden,     Will mutigen Sinns
Ihr Schicksal schauen,     Im Schlechten, im Guten.

Sich stehst zu versichern     Starker Freunde,
Des Skaldenmets Rat     Entsinnt sie sich.
Sie bittet der Rus     Bitteren Fürsten
"Konstantin Kaltherz     Komm doch mit mir
Sei Sicherheit     Sag Schutz mir zu.

Der mannhafteste     Der Mannen bist du
Der Held bist du     Mit dem Herrlichsten Ruf
Von allen am Hornberg     Hallbjörn ausgenommen
Und außerdem Arsol."

Keiner kann sagen     Warum Kaltherz folgte
Wohl war Svanja     Wunderbar schön
Wohl schmolzen für Svanja     Schon viele Männer.
Manch kaltes Herz     Ward Kühn schon entflammt.

Mit Konstantin und     Karlkvinne Arsol
Und Lukka Frosttrutz     Und Leifur dem Knecht
Schritt kühnen Schritts     Swanheims Herrin.
Durch finsteren Wald     Zur Fenriswachtzeit.

Da zieht der Rus plötzlich     Zwei Klingen und droht
Das Heft am Hals     Der Hallgerdstochter
"Wenn du dich wehrst.     Wirst du sterben!"

Dies laut für Leifur.     Und leis zu Svanja:
"lass das Schreien     Und schicke die Weiber
zum Haus zurück.     Zu ihrem Schutz

List und Lüge     Nur leiten mich
Vertrau dem Verruchten.     Verlangst du Eide
Schwör ich schwüre     Schwör ich beim Einen.

Zu deinem Mann     Möcht ich dich bringen.
Und Droht dir Schmerz     So Schütz ich dich.
Gegen den Willen     Geschieht dir nichts."

Karlkvinne Arsol     Kühn wie Walküren,
Eilt hastig zurück,     Hallbjörn zu warnen.
Doch Lukka Frosttrutz,     Feuer im Herzen,
Würde Thursen trotzen,     Steht treu zur Herrin.

Weiter des Weges,     Unweit der Kreuzung
Geschieht dann schließlich,     Was schon befürchtet.
Mit lautem Gebrüll     Und blanker Klinge:
Die Rotte der Rus,     Räudige Hunde

Und hinter ihnen     Hinterlistig
Steht Bjarke und grinst.     Geht dann zu Svanja
Gefangen, geraubt,     In großer Gefahr.

"Willkommen Weib     Will ich dir sagen.
Vor dir steht     Dein stolzer Mann.
Freude erfüllt mich. Nun freu auch du dich.
Denn freilich gibt es     Keinen feineren Mann"

Das Kinn hoch erhoben,     Hochmut im Blick
Starrt Svanja stolz     Und mit starrer Mine
Eisig und eisern,     Erhaben und kalt
Bjarke, den blutigen Bastard an.

Da ruft dieser dreist,     Mit dunkler Stimme:
"Mit einem Streich     Erlang ich viel
Reichtum und Ruhm     Es reicht nicht eines.
Ich raube Svanja     Und erringe alles.

Sagenhaft sind     Schönheit und Reichtum
Meines Weibes,     Meiner Frau
Und Sagas werden     Singen von mir:

Kühn wie Gunnar,
Listig wie Loki,
Ist Bastard Bjarke     Der brave Mann."